Jeder Mensch, der schreibt oder schreiben möchte, wünscht sich mehr Zeit, mehr Ausdauer und mehr Elan. Das Leben rundherum hält permanent Überraschungen bereit, die es uns schwer machen, die nötige Konzentration und das Durchhaltevermögen aufzubringen, um „nebenbei“ auch noch in die Tasten zu hauen. 

In diesem Beitrag zeige ich einige Wege, die Leichtigkeit in unseren Schreiballtag bringen und mir selbst schon oft über schwierige Phasen hinweggeholfen haben. Los geht’s:

Ablenkungen vermeiden und tief eintauchen

Der US-amerikanische Informatikprofessor Cal Newport etablierte den Begriff „Deep Work“ und hat darüber auch ein Buch geschrieben. Diese Methode ist jedoch nicht neu. Im Wesentlichen sieht sie vor, dass wir regelmäßig eine gewisse Zeitspanne festlegen, in der wir hochkonzentriert – also ohne Ablenkung – arbeiten. Empfohlen ist ein Zeitraum von vier Stunden, es reichen jedoch auch kürzere Zeitfenster. Bei der Festlegung ist es wissenswert, dass wir etwa eine halbe Stunde allein dafür benötigen, bis wir in einem „Thema“ sind. Erst dann erschließen sich bis dahin unerkannte Zusammenhänge und neue Ideen kommen auf.

Wichtig ist, dass wir diese Zeiträume regelmäßig in unseren Alltag integrieren (etwa 3x wöchentlich). So gewöhnen wir unser Gehirn daran, sich (wieder) ausschließlich auf eine Sache zu konzentrieren. 

Selbst kurze Ablenkungen haben langfristige Folgen. Unser Denkapparat verbraucht jedes Mal enorm viel Energie, um überhaupt etwas anzufangen und im nächsten Schritt in die Arbeit einzutauchen. 

In der Zeit des konzentrierten Arbeitens muss auf das Lesen/Tippen von E-Mails, das Checken der Social-Media-Kanäle, dem Telefonieren usw. verzichtet werden. Die potenziell gefährlichste Ablenkung ist unser Smartphone. Untersuchungen deuten darauf hin, dass uns das Handy sogar dann ablenkt, wenn es sich (eingeschaltet oder nicht) im selben Raum befindet. 

Die komplette Unerreichbarkeit ist möglicherweise nicht immer bzw. für alle so einfach umsetzbar. Meiner Erfahrung nach ist bereits ein großer Schritt getan, wenn wir unser Telefon nicht aktiv benutzen und Apps geschlossen halten. Ich verschiebe zB „gefährliche“ Apps regelmäßig an einen anderen Platz, um sie nicht wie automatisiert zu öffnen. Dies ist nur eine kleine, aber durchaus effektive Hürde.

Ein Schritt nach dem anderen

Für jene, die sich Deep Work-Sessions nicht vorstellen können und daher so manches lang vor sich herschieben, hilft vielleicht eine Änderung der Sichtweise. Die Herausforderung, eine Geschichte oder gar einen ganzen Roman zu schreiben, ist auf den ersten Blick kaum zu bewältigen. Diese Erkenntnis wiederum hemmt uns, überhaupt damit anzufangen oder weiterzumachen. Bei großen Zielen ist es hilfreich, die Aufgabe in kleine Stücke zu unterteilen und sich immer nur auf den nächsten Schritt (zB die nächste Szene) zu konzentrieren. Damit bleibt man dran und der Berg wird Tag für Tag kleiner.

Tag für Tag

Das ist ein gutes Stichwort. Zur Non-Zero-Methode gibt es bereits zwei Beiträge auf dieser Website, die dieses Konzept erklären:

Die Kraft der Konsequenz 1/2

Die Kraft der Konsequenz 2/2

Schönreden

Dem Gefühl der Überforderung können wir auch noch mit einem anderen Trick entgegenwirken. Forschungsergebnisse besagen, dass wir uns mehr unter Druck setzen, wenn wir herausfordernden Aufgaben gegenüberstehen. Wir zweifeln an uns, haben Angst und schieben die Tätigkeit eher auf und schaden uns damit. 

Im Rahmen einer Untersuchung wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen unterteilt. Beiden Gruppen wurde dieselbe Aufgabe gestellt. Der ersten Gruppe wurde gesagt, dass es sich um eine „wichtige“ Aufgabe handle, während die zweite Gruppe eine „lustige, irrelevante“ Aufgabe lösen musste. Beiden Gruppen war es erlaubt, sich Ablenkungen hinzugeben. Die Tendenz zum Prokrastinieren war in der Gruppe mit der „wichtigen“ Aufgabe deutlich höher. 

Jetzt, da wir wissen, dass Angst schadet und uns hemmt, können wir versuchen, unsere Tätigkeit unter einem anderen Licht zu betrachten, sie uns also schönreden. Wir könnten uns etwa vormachen, dass wir unsere Geschichte ohnehin nicht veröffentlichen wollen und damit den inneren Kritiker für ein paar Stunden ausschalten. Oder wir sehen unsere anstehende Schreibsession als Belohnung für einen anstrengenden Tag im Büro an, anstatt als weitere Verpflichtung.

Wie es sein wird

Wenn das mit dem Schönreden nicht klappt, können wir unser Gehirn vielleicht auf einem anderen Weg austricksen. Dazu stellen wir uns vor, wie wir uns am Abend fühlen, wenn wir die Aufgabe diese Aufgabe nicht erledigt haben. Wir versetzen uns in die entsprechende Stimmung, spüren den Frust. Im nächsten Schritt stellen wir uns vor, wie wir uns fühlen, wenn wir die Aufgabe erledigt haben – die Zufriedenheit, die Freude, die Stärke. So legen wir viel eher los!

Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren!